Ein Kleid aus Glas und Aluminium: Maßarbeit von NR Metallbau
- Alexandra Klöckner
- 2 days ago
- 6 min read
Hinter jeder markanten Architektur stehen Menschen, die sie Wirklichkeit werden lassen. Beim PIER56 zählt dazu NR Metallbau, ein Familienunternehmen vom Niederrhein. Prokurist Martin Krambeck erzählt im Gespräch, wie die Firma arbeitet, was das Team an außergewöhnlichen Bauaufgaben reizt und warum Social Media heute auch für Handwerksbetriebe eine wichtige Rolle spielt.

Herr Krambeck, wie würden Sie NR Metallbau beschreiben?
NR Metallbau steht für Qualität nach Maß. Unsere Firma sitzt am Niederrhein, in Straelen an der holländischen Grenze. Mit etwa 160 Mitarbeitern sind wir hauptsächlich im Aluminium-Fenster, -Türen und -Fassadenbau tätig. Wir ziehen dem grauen Rohbau ein schönes Kleid über, in Form einer Fassade.
Gibt es verschiedene Varianten, zwischen denen man wählt oder sind das sehr individuelle Konstruktionen, die auf Bestellung zurechtgemacht werden?
Das entscheidet der Architekt in der Entwurfsplanung oder in der Ideenfindung in den frühen Leistungsphasen. Und er überlegt, welche Gestalt das Gebäude haben soll. Es gibt verschiedene Fassadenarten. Beim PIER 56 handelt es sich um eine Elementfassade, die in der Werkstatt vorgefertigt wird. In solchen Fällen werden schon fertige Elemente auf die Baustelle geliefert und mittels Kran quasi nur noch wie Legosteine übereinander gesetzt. Somit hat man einen sehr geringen Montageanteil auf der Baustelle und einen sehr hohen Vorfertigungsgrad.
Demnach ermöglicht die Elementfassade eine schnelle Montage?
Richtig. Das Gegenteil davon sind klassische Pfosten-Riegel-Fassaden, bei der die einzelnen Pfosten und Riegel als einzelne Stangen auf die Baustelle kommen und dann vor Ort alles zusammengesteckt wird, die Dichtungen eingezogen werden, die Verglasung eingesetzt wird und so weiter. Es ist also umgekehrt: Die Fertigung in unserer Halle geht schneller, aber auf der Baustelle dauert die Montage dann länger. Und dann gibt es noch die klassischen Fensterbänder. Bei dieser Methode reiht man Fensterelemente nebeneinander. Das ist so die Mischung daraus. Dann gibt es natürlich noch die klassische Vorhangfassade. Das hat dann aber nichts mehr mit Glas zum Rausschauen zu tun, sondern es betrifft nur die Bereiche zwischen zwei Etagen. So kann man ein Gebäude von außen optisch aufwerten und die Element-Fassade ist das Hochwertigste, was man ausführen kann. Deswegen hat es uns sehr gefreut, das Pier 56 mit einer schönen Elementfassade verkleiden zu dürften.
Inwiefern ist das die hochwertigste Fassade?
Das hat mehrere Gründe. Zum einen sieht das Gebäude von außen einheitlich und einzigartig aus. Die Gestaltung ist sehr gelungen. Zum anderen hebt es die Qualität, wenn so viel im Werk vorproduziert wird und nicht auf der Baustelle bei Wind und Wetter irgendwie gefügt werden muss. Im Werk hat man wesentlich bessere Möglichkeiten, verfügt über gute Auflageflächen, hat Kräne, top Werkzeug und kann sauberer Arbeiten. Dann sind die Teile fertig und müssen auf der Baustelle nur noch zusammengefügt werden. So können dann auch hochwertige Ansprüche an Wärme- und Schallschutz optimal umgesetzt werden.
Es ist also effizient und schön. Warum sieht man solche Fassaden selten?
Elementfassaden sind eher typisch für Hochhäuser, wie z.B: die Skyline in Frankfurt. Sie kommen zum Einsatz, wo kein Platz für Gerüststellung oder Lagerung von Elementen gegeben ist. Beim PIER56 wäre das von der Größe nicht unbedingt notwendig gewesen und ist daher umso erfreulicher, dass auch ein kleineres Bauprojekt mit einer Elementfassade ausgestattet wurde.
Können Sie Beispiele für andere Bauprojekte nennen, an denen Sie gerne mitgewirkt haben?
Bei uns sind alle Projekte sehr unterschiedlich. Wir sind stark in Sonderlösungen und Sonderkonstruktionen. Natürlich ist es bequemer, 1000 Fenster zu fertigen, ohne um die Ecke denken zu müssen, aber unser Team mag auch ungewöhnliche Herausforderungen. Ein gutes Beispiel ist die energetische Sanierung einer Schule in Arnsberg, die unter Denkmalschutz steht. Da gibt es Fenster aus den Siebzigern, mit einer sehr komplizierten Öffnungsmechanik, die aufgrund des Denkmalschutzes an den neuen Fenstern genauso gegeben sein muss. Es war kompliziert, ein System mit dem Beschlaghersteller zu entwickeln, um neuwertige Fenster so öffnen zu können, wie es damals gemacht wurde. Nicht zuletzt wegen der schweren Gläser von heute, um den Wärmeschutz realisieren zu können. In unserem Instagram-Kanal lässt sich das Bauvorhaben anschauen. Spannend ist es übrigens auch in Sachen Einbruchschutz und Schallschutz. Alles soll gewährleistet sein, aber die Elemente müssen dennoch schmal bleiben. Wir geben Einblicke in unsere Arbeit.
Wie wichtig ist Social Media für Sie?
Uns liegt viel daran, aber nicht unbedingt zur Auftragsgewinnung. Denn wir sind fast ausschließlich im öffentlichen Bereich tätig. Social Media nutzen wir vor allem zur Mitarbeitergewinnung. Auch unsere Auszubildenden gewinnen wir auf diese Weise. Sie schauen auf Instagram oder TikTok vorbei und kontaktieren uns. Es ist wirklich spannend. Wir fragen ja immer nach, wie oder warum jemand auf uns aufmerksam geworden ist. „Auf Social Media sieht man, was ihr macht“, heißt es dann oft. Damit scheinen wir die junge Generation abzuholen. Außerdem zeigen wir gerne, an was für schönen Gebäuden wir mitgewirkt haben.
Wie lange sind Sie schon Teil von NR Metallbau?
2021 habe ich hier als Projektleiter angefangen. Seit Juli 2024 bin ich Prokurist und zuständig für unsere Bau- und Projektleiter und die Projektabwicklung. Das PIER 56 war mein letztes Objekt, das ich als Projektleiter noch selbst geleitet habe. Jetzt bin ich für alle anderen Projektleiter mitverantwortlich.
Sie sind demnach ein gutes Beispiel dafür, dass man sich innerhalb des Unternehmens weiterentwickeln kann.
Ja, interne Weiterbildung ist bei NR Metallbau auf jeden Fall möglich. Wir haben viele, die nach der Ausbildung als Geselle anfangen, dann einen Techniker oder einen Meister neben dem Beruf machen und dann die Karriereleiter aufsteigen. So haben wir Metallbauer, die in der Arbeitsvorbereitung oder Bauleitung Ihren Platz gefunden haben oder Kaufleute die inzwischen als Projektleiter tätig sind. Wer Interesse hat und sich weiterbilden möchte, kann das bei uns sehr gut.
Ist NR Metallbau ein Familienunternehmen?
Ja, wir sind ein Familienunternehmen in der zweiten Generation. Nächstes Jahr haben wir 40-jähriges Jubiläum. Derzeit geführt wird die GmbH von Kerstin Budden und Holger Ingenwepelt. Das sind Geschwister, deren Vater das Unternehmen 1986 gegründet hat. Beide Geschwister sind mit Herzblut dabei. Holger ist im Vertrieb und Kerstin im kaufmännischen Bereich tätig. Herr Huisman verstärkt die Geschäftsführung als technischer Leiter und ich bin für die Projektabwicklung verantwortlich.
Was begeistert Sie an PIER56 besonders?
Es sind etwa 2700 Quadratmeter Elementfassade zusammen mit einigen anderen Elementen, zum Beispiel der Pfosten-Riegelfassade mit Automatikschiebetüren im Eingangsbereich oder dem Stahlvordach, welches dann mit Blechen verkleidet wurde. Stellen Sie sich vor, wie groß die Fassade ist, aber trotzdem aufgrund ihrer Hochwertigkeit unter anderem Wärmedämmung bietet, die einen staunen lässt. Der Ucw-Wert, wie viel Energie die Fassade von innen nach außen verliert, wenn es drinnen warm ist und draußen friert, liegt bei 1,0 W/m²K. Auf die Größe der Fassade gerechnet, verbraucht die gesamte Fassade genauso viel Energie wie ein Kleinwagen um innen angenehme 20°C Raumtemperatur zu gewährleisten, wenn draußen 0°C herrschen. Das ist toll!
Wie ist der aktuelle Stand Ihrer Arbeit am PIER56?
Wir sind letzte Woche mit den letzten Restarbeiten fertig geworden. Im September 2024 ging es mit der Fassade los und im Dezember 2024 war sie außen dicht. Also könnte man meinen: Die Arbeit vom Fassadenbauer ist erledigt. Falsch, dann geht es an die Innentüren und technischen Feinheiten. Dazu zählt die Elektrik von den Schiebetüranlagen samt Kleinigkeiten, die vielleicht nur 10 % von dem Bauvorhaben ausmachen. In dem Fall hat dieser Teil von Januar 2025 bis in den September hinein gedauert. Jetzt ist alles fertig, die Schiebetüren laufen, die Briefkästen sind da und die letzten Bleche wurden angebracht.
Das auch das alles in den Bereich des Fassadenbauers fällt, weiß bestimmt nicht jeder.
Ja, bei uns landet ziemlich viel. Deshalb muss man sich auch mitunter abgrenzen. Es ist immer spannend zu sehen, wo die Schnittstellen zwischen den einzelnen Gewerken bei einem Bauvorhaben gesetzt werden. Also wir haben ein Fenster mit einem Sonnenschutz draußen dran und der Sonnenschutz ist elektrisch und dann kommt von außen ja irgendwie ein Kabel nach innen. Dann stellt sich die Frage: Wo hört das Kabel vom Fensterbauer auf? Und wo fängt das Kabel vom Elektriker an? Schnittstellen müssen gut geplant werden.
Kabel müssen ja auch irgendwo verschwinden. Auch das dürfte nicht einfach sein.
(Lacht) Es ist echt spannend, wie viele Meter Kabel in einer Tür stecken. Man möchte schmale Profile, aber die modernste Technik. Wenn auf Baustellen geflucht wird, dann zum Beispiel, weil ein Kabelstrang irgendwo durchs Profil muss, obwohl eigentlich schon alles belegt ist.
Die Eingangsbereiche von PIER56 sind echte Hingucker. War auch das Teil Ihres Auftrags?
Wir haben beim Vordach mit der Firma LUBLINSKY Stahl- und Metallbau GmbH & Co. KG aus Brühl zusammengearbeitet. Denn es ging um eine Konstruktion aus etwa 20 Tonnen Stahl, aber wir sind auf Aluminium spezialisiert und holen uns für solche Arbeiten einen Partner dazu. Unser Partner hat also aus Stahl das Vordach gebaut und wir haben es mit schönen weißen Blechen verkleidet. Die Firma LUBLINKSKY hat kürzlich ihr 100-jähriges Firmenjubiläum gefeiert. Wir arbeiten gerne zusammen.
NR Metallbau wirkt auch am Neubau des Bundeswehrzentralkrankenhauses mit. Sind Sie vorwiegend an Großprojekten beteiligt?
Ja, es handelt sich dabei um Universitäten, Krankenhäuser und größere Bauprojekte. Wir sprechen von etwa 2 bis 10 Millionen Euro. Inzwischen gibt es in so ziemlich jeder deutschen Großstadt Gebäude, an denen wir mitgewirkt haben. Das PIER56 gehört somit zu den kleineren Projekten, die wir üblicherweise umsetzen. Deshalb freuen wir uns sehr, jetzt nicht nur Hochhäuser und andere große Bauten ein schönes Kleid von uns tragen, sondern auch das innovative Bürogebäude PIER56.
Vielen Dank für das lehrreiche Gespräch, Herr Krambeck.
Empfehlenswerter Link:
Comments